Zu Hause können Sie sich Zeit nehmen, ein Schloß zu öffnen, aber in der Praxis ist Geschwindigkeit immer wesentlich. Dieses Kapitel erläutert eine Schloßöffnungstechnik, die Harken genannt wird, mit der man die meisten Schlösser schnell öffnen kann.
Die langsame Grund-Öffnungs-Technik (Kapitel 4) ertastet die Stifte, die am meisten klemmen. Das Kraftdiagramm (Bild 5.5), entwickelt in Kapitel 5, schlägt einen schnelleren Weg vor, die richtigen Stifte auszuwählen und zu heben. Nehmen Sie an, daß alle Stifte durch das gleiche Kraftdiagramm charakterisiert werden könnten. Es kann sein, das alle Stifte klemmen und daß sie alle auf die gleiche Reibung treffen. Betrachten Sie jetzt den Effekt, wenn das Öffnungswerkzeug mit einem Druck über alle Stifte läuft, der groß genug ist, die Federkraft zu überwinden und die Reibungskräfte aber nicht groß genug sind, daß die Anstoßkraft der Kernstifte sie nicht in das Schloßgehäuse drückt. Jeder Druck, der sich über dem flachen Teil des Kraftdiagrammes befindet und jeder der unter dem oberen Punkt der Spitze ist, wird funktionieren. Wenn das Öffnungswerkzeug über einen Stift läuft, wird der Stift sich bewegen wenn er das Schloßgehäuse trifft, aber er wird nicht in das Schloßgehäuse eintreten. Sehen Sie Bild 5.3. Die Zusammenstoß-Kraft an der Scherlinie widersteht dem Druck vom Öffnungswerkzeug; so fährt das Öffnungswerkzeug über die Stifte, ohne sie in das Schloßgehäuse zu drücken. Falls das richtige Drehmoment angewendet wird, wird der Schloßkern geringfügig rotieren. Wenn das Öffnungswerkzeug den Stift verläßt, wird der Kernstift zurück in seine anfängliche Position fallen, aber der Gehäusestift wird am Rand des Schloßkerns eine Barriere finden und über der Scherlinie aufgehalten. Sehen Sie dazu Bild 6.1. In dieser Theorie verursacht der Strich des Öffnungswerkzeuges über die Stifte die Öffnung des Schlosses.
Bild 6.1: Der Kernstift befindet sich im Schloßkern
In der Praxis werden meistens ein oder zwei Stifte während eines Einzel-Striches des Öffnungswerkzeuges gesetzt, also sind mehrere Striche notwendig. Grundsätzlich ist es wichtig, daß Sie das Öffnungswerkzeug zum Zurück- und Vorwärtsharken über die Stifte benutzen, während Sie den Betrag des Drehmomentes auf dem Schloßkern anpassen. Die Übungen in Kapitel 8 werden Sie lehren, wie man das korrekte Drehmoment und den korrekten Druck wählt.
Sie werden herausfinden, daß die Stifte eines Schlosses dazu neigen, sich in einer bestimmten Reihenfolge zu setzen. Viele Faktoren bewirken diese Reihenfolge (siehe Kapitel 9), aber die Hauptursache ist ein Fluchtungsfehler zwischen der Zentral-Achse des Schloßkerns und der Achse, auf der die Löcher gebohrt wurden. Sehen Sie dazu Bild 6.2. Falls die Achse der Stift-Löcher schief zur Zentral-Achse des Schloßkerns liegt, dann werden die Stifte, wenn der Schloßkern in die eine Richtung gedreht wurde, von der Rückseite zur Vorderseite des Schloßkerns gesetzt und die Stifte setzen sich von Vorderseite zur Rückseite, wenn der Schloßkern in die andere Richtung gedreht wurde. Viele Schlösser haben diesen Defekt.
Bild 6.2: Ausrichtung der Löcher im Schloßkern
Harken ist eine schnelle Technik, weil Sie nicht auf jeden einzelnen Stift aufpassen müssen. Sie müssen nur das korrekte Drehmoment und den richtigen Druck finden. Bild 6.1 faßt die Schritte des Schloßöffnens durch Harken zusammen. Die Übungen werden Sie lehren, wie man erkennt, wenn ein Stift gesetzt ist und wie man die korrekten Kräfte anwendet. Falls sich ein Schloß nicht schnell öffnet, dann hat es eine von den wahrscheinlichen Eigenschaften, die Ihnen in Kapitel 9 beschrieben werden. Dann werden Sie sich auf einzelne Stifte konzentrieren müssen.
Tafel 6.1: Grundtechnik Harken