Das einfache Schloßöffnen ist ein Geschäft, das jeder lernen kann. Jedoch ist fortgeschrittenes Schloßöffnen ein Handwerk, das mechanisches Feingefühl, physische Geschicklichkeit, visuelle Konzentration und analytisches Denken erfordert. Falls Sie anstreben, sich selbst beim Schloßöffnen zu übertreffen, ist es erforderlich, Ihr Wissen in den verschiedensten Fachbereichen und Techniken auszubauen.
7.1 Mechanische Fähigkeiten
Das Lernen, wie man das Öffnungswerkzeug über die Stifte zieht, ist überraschend schwierig. Ein Problem ist, daß die mechanischen Fähigkeiten, die Sie in Ihrem Leben erwarben, in Ihrem Kopf festgelegte Haltungen oder festgelegte Bewegungsabläufe Ihrer Hände entwickelten. Es ist aber notwendig, diese mechanischen Fähigkeiten unabhängig vom Betrag der Kraft, die man sonst anwendet, auszuüben. Beim Schloßöffnen müssen Sie lernen, wie man eine Kraft anwendet, die unabhängig von der Position Ihrer Hand gleichbleibt. Wenn Sie das Öffnungswerkzeug aus dem Schloß ziehen, sollten Sie einen gleichbleibenden Druck auf den Stifte anwenden. Das Öffnungswerkzeug soll aufwärts zurückprallen und hinunter in den Schlüsselkanal gehen (gemäß dem Widerstand, der durch jeden Stift erzeugt wird).
Um ein Schloß zu öffnen, brauchen Sie eine Rückkopplung über die Auswirkungen Ihrer Manipulationen. Um die Rückkopplung zu bekommen, müssen Sie sich so ausbilden, daß Sie Ihre Empfindlichkeit gegenüber den zu hörenden Geräuschen beim Öffnungsversuch erhöhen und ein Gefühl für das Öffnungswerkzeug entwickeln, wenn es über die Stifte geht. Das ist eine mechanische Fähigkeit, die nur mit viel Praxis gelernt werden kann. Die Übungen werden Ihnen helfen, die wichtigen Informationen zu erkennen, die von Ihren Fingern kommen.
7.2 Zen und die Kunst des Schloßöffnens
Um im Schloßöffnen zu überragen, müssen Sie sich sorgsam ausbilden, um eine visuell rekonstruierende Phantasie zu entwickeln. Die Vorstellung soll alle Informationen all Ihrer Sinne nutzen, um innerlich ein Bild zu bauen, was im Schloß geschieht, wenn Sie es öffnen. Grundsätzlich werden Sie Ihre Sinne in das Schloß zu projizieren haben, um ein vollständiges Bild davon zu bekommen, wie es auf Ihre Manipulationen reagiert. Sobald Sie erlernt haben, wie man dieses Bild innerlich aufbaut, ist es leicht, Manipulationen zu wählen, die das Schloß öffnen werden.
All Ihre Sinne stellen Informationen über das Schloß bereit. Durch den Tast- und Gehörsinn werden die meisten Informationen gesammelt; aber die anderen Sinne können auch kritische Informationen enthüllen. Zum Beispiel kann Ihnen Ihre Nase erzählen, ob ein Schloß kürzlich geschmiert worden ist. Als Anfänger werden Sie Ihre Augen für die Hand-Auge-Koordinierung benutzen müssen, aber wenn Sie besser werden, werden Sie es unnötig finden, auf das Schloß zu sehen. In der Tat ist es besser, Ihre Augen zu ignorieren und Ihr inneres Auge zu benutzen, um ein inneres Bild des Schlosses zu entwickeln, das auf den anderen Informationen aufbaut, die Sie von Ihren Fingern und Ohren bekommen.
Das Ziel beim Erwerben dieser geistigen Fähigkeit ist eine entspannte Konzentration auf das Schloß. Zwingen Sie die Konzentration nicht. Versuchen Sie, die Gefühle und Gedanken, die nicht mit dem Schloß verwandt sind, zu ignorieren . Versuchen Sie, sich nicht auf das Schloß zu konzentrieren.
7.3 Analytisches Denken
Jedes Schloß hat seine eigenen speziellen Eigenschaften, die das Öffnen schwerer oder leichter machen. Falls Sie lernen, das zu erkennen und zu verwerten, was man die "Persönlichkeitszüge" von Schlössern nennt, wird das Öffnen viel schneller gehen. Grundsätzlich sollten Sie die Rückkopplungen analysieren, die Sie von einem Schloß bekommen; diagnostizieren Sie seine Persönlichkeitszüge und benutzen Sie dann Ihre Erfahrung, zu entscheiden, wie Sie sich dem Schloß annähern, um das Schloß zu öffnen. Kapitel 9 bespricht eine große Anzahl üblicher Züge und Wege, diese Persönlichkeitszüge zu verwerten oder zu überwinden.
Die meisten Leute unterschätzen die analytischen Fähigkeiten, die man braucht, wenn sie in das Problem Schloßöffnen verwickelt werden. Sie denken, daß das Öffnungswerkzeug das Schloß öffnet. Für sie ist der Spanner ein passives Werkzeug, daß das Schloß unter die gewünschte Spannung setzt. Lassen Sie mich einen anderen Weg vorschlagen, die Situation zu betrachten. Das Öffnungswerkzeug fährt über die Stifte, um Informationen von dem Schloß zu bekommen. Basierend auf der Analyse der Informationen wird das Drehmoment angepaßt, um die Stifte an die Scherlinie zu setzen. Es ist der Spanner, der das Schloß öffnet.
Das Abwechseln des Drehmomentes, wenn das Öffnungswerkzeug aus dem Schlüsselkanal gezogen und hineingeschoben wird, ist ein allgemeiner Trick, der benutzt werden kann, um weitere Stifte in die richtige Position zu bekommen, wenn man beim Öffnen Probleme hat. Zum Beispiel: falls die Mittel-Stifte gesetzt sind, aber die End-Stifte nicht, können Sie das Drehmoment des Öffnungswerkzeuges erhöhen und dann über die Mittel-Stifte harken. Das wird die Fälle reduzieren, die korrekt gesetzte Stifte wieder aus der Position bringen. Falls sich ein Stift nicht weit genug zu bewegen scheint, wenn ihn das Öffnungswerkzeug passierte, versuchen Sie das Drehmoment beim nächsten Gang zu reduzieren.
Die Fähigkeit des Findens des rechten Drehmomentes, während das Öffnungswerkzeug sich bewegt, erfordert sorgfältige Koordinierung zwischen Ihren Händen, aber wenn Sie besser beim Vorstellen des Prozesses vom Öffnen eines Schlosses werden, werden Sie auch besser bei dieser wichtigen Fähigkeit.